In dieser Episode sprechen wir mit Rita Weber-Wied über die Planung der neuen Werra-Brücke in Witzenhausen. Sie ist derzeit Fraktionsvorsitzende der Grünen in der Stadtverordnetenversammlung. Von Seiten des Bundes ist der Neubau einer Brücke über die Werra geplant, da die alte Werrabrücke aufgrund ihres Alters deutliche Schäden aufweist. Ansonsten müsste sie saniert werden, um eine Befahrung auch für LKW über 12t zu ermöglichen. Zu diesen Planungen regt sich in Teilen der Bevölkerung Widerstand. Insbesondere bei der Bürgerinitiative „Sinnvolle Verkehrsplanung“.
1. Eine neue Brücke führt zu mehr Verkehrsaufkommen. Warum setzt ihr bzw. setzen sich die Grünen hier nicht für weniger Verkehr und gegen eine neue Werrabrücke ein?
Das ist ein sehr komplexes Thema und ich würde das gerne auch in verschiedene Ebenen unterteilen:Das erste ist die politische Ebene also was können wir als Politiker an dieser Stelle tatsächlich tun. Die Brücke, die neu gebaut werden soll, ist eine Brücke der Bundesstraße B 451 und stellt die Verbindung zur B 80 und zur B 27 her. Für die Planung von Bundesstraßen und auch die betroffenen Brücken ist somit der Bund zuständig, d.h. wir wurden hier als Kommunalpolitiker gar nicht gefragt und konnten auch über nichts abstimmen. Das sind langfristige Planungen des Bundesverkehrswegeplanes, die jetzt eben zur Umsetzung kommen.Wozu wir gefragt wurden, und was wir entschieden haben ist, dass die alte Brücke nach dem Neubau in den Bestand der Stadt übergeht. Wir haben uns weder für noch gegen mehr LKW-Verkehr oder eine neue Brücke ausgesprochen, sondern haben hier gar keine Entscheidung getroffen. Was wir tun können und getan haben, ist natürlich eine Willensbekundung gegen mehr LKW-Verkehr.
2. Die Freie Wählergemeinschaft (FWG) hatte ja eine Resolution für weniger LKW-Verkehr in Witzenhausen in die Stadtverordnetenversammlung eingebracht. Ausgerechnet ihr als Grüne habt dagegen gestimmt und wäre das nicht eine gute Möglichkeit der Willensbekundung gewesen?
Ja, auf jeden Fall. Der Willensbekundung weniger Verkehr, hätten wir gerne zugestimmt, der Willensbekundung als Alternative wieder eine Brücke durch die Wendershäuser Aue vorzuschlagen aber nicht und leider war die FWG nicht bereit diesen Passus rauszunehmen. Eine Werra Brücke durch die Aue im Bereich Wendershausen ist für uns nie eine Alternative gewesen da es sich hier um ein Landschaftsschutzgebiet handelt. Somit wäre das nicht besser als am jetzigen oder in der Nähe des jetzigen Standortes.
3. Welche Alternativen für die Planung der Werra-Brücke seht ihr?
Durch den sehr besonderen Standort des Industriegebietes im Gelstertal ist es wirklich sehr schwierig hier eine alternative Verkehrsführung zu finden. Auch eine größere oder weiträumige Ortsumgehung ist hier nicht möglich, da es sich um ein recht enges Tal handelt.Was von der Bürgerinitiative sicherlich zu Recht gefordert wird, ist eine Verlegung des Schwerverkehrs auf die Schiene. Das ist auf jeden Fall eine sinnvolle und vernünftige Option. Auch hier können wir aber nicht entscheiden. Alle Anträge, die wir stellen sind Anträge an den Magistrat, der aber nicht befugt ist, die Umstellung des Verkehrs auf die Schiene umzusetzen. Zuständig dafür wäre die Deutsche Bahn, bzw. ihre Infrastrukturunternehmen, in Kooperation mit den betroffenen Firmen.
4. Es gab jetzt gerade aktuell von der Bürgerinitiative die Forderung einer Fußgänger- und Fahrradbrücke, da es hier Fördermittel des Bundes gibt und somit der Stadt nur wenig Kosten entstehen würden. Unterstützt ihr als Grüne diese Forderung?
Das ist eine Forderung, die wir schon in früheren Zeiten hatten und die auch schon mehrfach diskutiert wurde. Es wäre eine sinnvolle Möglichkeit gewesen, den für Fußgänger und Radfahrer sehr gefährlichen Verkehr auf der jetzigen Brücke zu entzerren. Es löst aber nicht das Problem des LKW-Verkehrs.Nach dem derzeitigen Planungsstand soll beim Neubau die alte Brücke in den Bestand der Stadt Witzenhausen übergehen. Diese könnte dann in eine reine Fußgänger und Fahrradbrücke umgewandelt werden., Wir hätten also einen wunderbaren Lückenschluss an die Fußgängerzone Brückenstraße mit einer Werra-Brücke, die dann nur noch für Fahrräder und Fußgänger freigeben wäre, sowie natürlich auch für Rettungsfahrzeuge und für die Feuerwehr.Man könnte dann auf der alten Werrabrücke an den Seiten Bänke aufstellen, sodass die jetzige Fahrbahn für Fußgänger und Fahrräder frei wäre.
5. Aber nochmal die Frage: hättet Ihr, als Kommunalpolitiker nicht die neue Brücke verhindern können und/oder müssen?
Wenn wir beschlossen hätten, die alte Brücke nicht zu übernehmen, und nur darüber konnten wir entscheiden, dann würde die alte Brücke saniert werden. In dieser Zeit wäre ein Ersatzneubau gebaut worden, um eine Überquerung der Werra durch LKW und auch Feuerwehr und Rettungsfahrzeuge zu ermöglichen. Wir hätten dann eine wahrscheinlich sehr lange Zeit der Bauphase gehabt, zunächst für den Ersatzneubau, dann für die Instandsetzung der alten Brücke, dann für den Abbau der Ersatzbrücke und schließlich die Wiedereingliederung der alten Werra-Brücke in die Bundesstraße. Das würde bedeuten, dass der LKW-Verkehr dann genauso weiter läuft wie bisher: An der Schlagd entlang über die alte Brücke, und zwar auch der LKW-Verkehr von mehr als 12 Tonnen, denn das ist ja der eigentliche Plan. Selbst wenn wir einer Brückenübernahme nicht zugestimmt hätten, wäre auch verkehrstechnisch was den LKW-Verkehr anbelangt nichts gewonnen. Er würde genauso wie bei einer neuen Brücke Hinter den Teichhöfen entlang gehen, dann aber eben noch ein längeres Stück an der Altstadt entlang, an der Schlagd entlang und dann über die sanierte alte Brücke.
6. Wie seht ihr das Argument, dass jetzt dann durch die neue Brücke mehr Verkehr in die Stadt gezogen wird?
Ja, es wird auf dieser Strecke auf jeden Fall mehr Verkehr werden, aber es ist überhaupt nicht unser Wunsch mehr Verkehr in der Stadt zu haben.Es ist aber jetzt so dass, durch die Tonnagebeschränkung der alten Werrabrücke, der Verkehr in südlicher Richtung auf die A7 über Ermschwerd erfolgt und über die Brücke bei Gertenbach. Dieser Teil des LKW-Verkehrs geht also auch jetzt schon durch die Stadt bzw. über die Straße Hinter den Teichhöfen. Der Verkehr in nördlicher oder östlicher Richtung also A38 und A7 erfolgt durch Wendershausen. Dieser letztere Teil des Verkehrs wird wahrscheinlich zum Teil auch weiter diesen Weg nehmen, aber ein Teil davon, wird sicher über die neue Brücke fahren und das wird der Mehranteil sein. Das unsere politischen Handlungsmöglichkeiten beschränkt sind, schließt nicht aus, dass wir uns als private Menschen und auch als grüner Ortsverband Witzenhausen gegen weiteren LKW-Verkehr in der Stadt aussprechen. Natürlich wollen wir grundsätzlich weniger Verkehr in der Stadt haben.Wir setzen uns hier vor allem für eine bessere Anbindung der Ortsteile durch mehr und bessere Fahrradwege und einen flexibleren öffentlichen Personennahverkehr ein, z.B auch durch eine weitere Unterstützung von Mobilfalt.
7. Könnte man nicht einen anderen Standort finden, der die Anwohner der Straße Hinter den Teichhöfen nicht so belastet?
Dies liegt auch nicht in unserer Entscheidungsbefugnis. Trotzdem haben wir, gemeinsam mit Hessen Mobil, die die Ausführenden sind, eine Bürgerversammlung durchgeführt. In der gut besuchten Versammlung wurden verschiedene Standort-Varianten vorgestellt. Es gab sehr lebhafte Gespräche, Ideen, Vorschläge, Kritik, Anmerkungen und dann am Ende eine Abstimmung, bei der der jetzige Standort mit einer großen Mehrheit als Favorit galt. Das ist sicherlich keine Bürgerentscheidung im eigentlichen Sinne, aber doch ein deutliches Bürgervotum. Und diesen Standort, der dort von den Bürgerinnen und Bürgern ausgewählt wurde, haben wir dann in einer Stadtverordnetenversammlung bestätigt.Die anwesenden Bürgerinnen und Bürger standen grundsätzlich einem Neubau sehr positiv gegenüber.Dass für die direkten Anwohner die Belastung noch größer wird, ist allen Verantwortlichen und Betroffenen in jedem Fall deutlich, aber eine wirklich sinnvolle und umsetzbare Alternative sehen wir leider in absehbarer Zeit nicht.
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