Zur letzten Kreistagssitzung am 01.03.2023 wurde kontrovers diskutiert: Durch die Aufkündigung der Koalition SPD/Grüne/Linke seitens der SPD und deren neue Koalition mit der CDU, wurde ein neuer Kreistagsvorsitzender der CDU und ein Erster Kreisbeigeordneter (EKB) der SPD gewählt.
Der neue CDU-Kreistagsvorsitzenden Peter von Röder wurde mit großer Mehrheit gewählt, doch bereits seine erste Sitzung sollte ihm noch viel als Vorsitzender abverlangen.
Zur Wahl des EKB trat, wie vorher angekündigt, Friedel Lenze an, allerdings mit einer Vorstellungsrede, die eher als Entschuldigung wahrgenommen werden konnte. Er betonte, dass die SPD sich seit der Pattsituation bei der vergangenen missglückten EKB-Wahl einfach nicht mehr auf eine Ein-Stimmen-Mehrheit verlassen wollte und daher zum Wohl des Kreistags eine stabile Mehrheit mit der CDU gefunden werden musste. Dabei stand die stabile Mehrheit und nicht etwa die gemeinsamen Inhalte im Vordergrund. Er gewann die Wahl mit deutlichen 20 Gegenstimmen der Opposition.
Teil des Deals zwischen SPD und CDU ist, neben Friedel Lenze als EKB, ein zweiter hauptamtlicher Kreisbeigeordneter, den die CDU stellt. Dazu musste die Hauptsatzung geändert werden. Zu diesem Zweck wurde in der Kreistagssitzung eine dementsprechende Satzungsänderung mit den Stimmen der Koalition beschlossen. Unter lautstarkem Protest der als Gäste anwesenden Mitglieder der Verwaltung brachte Thomas Eckhardt für die SPD die Satzungsänderung ein. Er echauffierte sich über die vorangegangene Kritik am Vorhaben und betonte, dass diese Koalition nun mehr als 60 % der Mehrheit auf sich vereinbare und die zweite KB-Stelle eben der Preis für stabile Verhältnisse im Kreistag sei. Eine inhaltliche Begründung für die Stelle, welche den Kreis knapp 1,5 Mio. € für eine Wahlperiode kosten wird, lieferte er nicht. Die FW-Fraktion witterte die Gunst der Stunde und versuchte zusätzlich zur KB-Stelle bereits vier gestrichene Verwaltungsstellen erneut aufs Tableau zu bringen.
Die Satzungsänderung wurde von der Opposition massiv kritisiert. Sigrid Erfurth, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Kreistag, betonte: „Als zweitkleinster Kreis in Hessen will der Werra-Meißner-Kreis nun im Eilverfahren ohne Diskussion im Hauptausschuss eine weitere hauptamtliche Stelle für 1,5 Mio. € schaffen, während wir bei Verwaltungsstellen aufgrund der finanziellen Lage sparen. Das ist ein Schlag ins Gesicht der Verwaltung.“ Felix Martin, Sprecher der Grünen Werra-Meißner führte weiter aus: „Es gibt keine sachliche Begründung für die weitere hauptamtliche Stelle. Die erste Amtshandlung der Koalition ist eine Selbstbedienung zum Schaden der Allgemeinheit.“ Die jährlichen Kosten zur Finanzierung der Stelle eines zweiten hauptamtlichen Beigeordneten entsprechen etwa den Kosten für vier Vollzeitstellen in der Verwaltung. Auch die Linke und die FWG äußerten sich mit scharfer Kritik. In namentlicher Abstimmung brachte die Koalition die Satzungsänderung gegen die Opposition durch.
Mit einer Vielzahl von Anträgen, die in den kommenden Ausschüssen diskutiert werden, konnten wir auch dafür sorgen, dass diese Kreistagssitzung nicht allein der Personalwahl diente, sondern auch die inhaltliche Arbeit voran kommt. Wir beantragten zum Stand der Erstellung des Radverkehrskonzepts und über den aktuellen Stand zur Umsetzung des Klimaschutzkonzepts zu berichten, sowie den Beitritt zum Netzwerk Age-Friendly-Cities. Weiterhin beteiligten wir uns an einem Antrag zum „Sicheren Hafen“.
Als gemeinschaftliche Initiative aller demokratischen Fraktionen konnte der benötigte Zuschuss und die Fehlbetragsabsicherung für ein stationäres Hospiz in Eschwege bereitgestellt werden.
Zu bereits sehr weit fortgeschrittener Stunde wurde eine Resolution zum Wolfsmanagement debattiert. Wolfssichtungen im Kreis wurden in jüngster Zeit heftig in der Öffentlichkeit diskutiert und haben erneut Ängste in verschiedenen Bevölkerungsgruppen ausgelöst und werden insbesondere von Weidetierhalter*innen als ernstzunehmende Existenzgefährdung empfunden. Weidetierhalter*innen leisten nach Auffassung der Grünen einen wichtigen Beitrag zum Naturschutz und der Landschaftspflege Daher muss für weitere Unterstützungsmaßnahmen gesorgt werden. Gleichzeitig erlaubt der hohe Schutzstatus des Wolfes keine einfache und generelle Lösung, sondern bedarf eine individuelle Fallbehandlung.
Unser Ansinnen war es, über diese wichtige Thematik im Umweltausschuss unter Einbezug von örtlichen Sachverständigen , zu beraten und aufzuklären, was vor Ort im Kreis am Wolfsmanagement verbessert werden kann, um die dafür notwendigen Maßnahmen umzusetzen. Dieser Vorschlag wurde leider mehrheitlich abgelehnt. Stattdessen beschlossen die Fraktionen von SPD, CDU, FW und FDP eine Resolution, die zwar inhaltlich sehr drastische Schritte fordert, welche weder mit dem nationalen Naturschutzrecht noch mit internationalen Verpflichtungen in Einklang gebracht werden können und z.T. in ihrer Umsetzbarkeit fraglich sind, und vor allem direkt im Werra-Meißner-Kreis nichts verändern werden.
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